Immer mehr Unternehmen erkennen heutzutage, dass Umwelt‐ und Klimaverantwortung für die Strategien, die Unternehmensprozesse und ‐abläufe, und für Innovationen unabdingbar sind. So setzen viele Unternehmen klare Ziele und Maßnahmen und tragen damit aktiv zu einem wirksamen Klimaschutz bei.
Besonders die Kreislaufwirtschaft spielt bei der Erreichung der Klimaziele eine große Rolle. Daher müssen für die metallurgische und metallverarbeitende Industrie als einer der ressourcen‐ und energieintensivsten Sektoren aber auch als einer der Wirtschaftsmotoren der österreichischen Industrie effiziente Lösungen entwickelt werden, um Stoffkreisläufe zu schließen und Sekundärressourcen zu gewinnen, die in den Produktionsprozessen wiedereingesetzt werden können. Neue internationale und nationale Vorgaben, wissenschaftliche Erkenntnisse und globale Trends lassen die Steiermark und die Industrie sowie die Austrian Society for Metallurgy and Materials (kurz: ASMET) dabei nicht unberührt. Rasches Handeln ist nun auf allen Ebenen der Gesellschaft gefragt.
Im Rahmen der Ausschreibung „Green Tech X” stellten der Zukunftsfonds Steiermark (Land Steiermark), die Austrian Society for Metallurgy and Materials (ASMET) und einzelne Industrieunternehmen (voestalpine High Performance Metals, Marienhütte, Andritz, Primetals Technologies, und Saubermacher) EURO 2,5 Mio zur Verfügung um Projekte im Bereich Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz zu fördern.
In Summe wurden 20 Projektanträge eingereicht und am 13.10.2022 wurden die 10 von der Jury empfohlenen Projekte in der Steiermärkischen Landesregierung behandelt und die Förderung der Projekte im Bereich Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz beschlossen. Nachstehend sind die 10 geförderten Projekte näher beschrieben.
HydroStäube
Hydrometallurgische Rückführung von versorgungskritischen Metallen aus
Stäuben der Eisen- und Stahlindustrie
Projektpartner:
Montanuniversität Leoben
- Lehrstuhl für Nichteisenmetallurgie
K1-MET GmbH
Kooperationspartner aus der Wirtschaft:
- voestalpine
- Andritz
Projektleitung:
Priv.-Doz. DI Dr. Stefan Steinlechner.(MUL)
DI Dr. Manuel Leuchtenmüller (MUL)
Die Rückgewinnung und der Wiedereinsatz von Wertmetallen ist essenziell, um zum einen eine Versorgungssicherheit für die Industrie in der Steiermark zu erreichen und zum anderen
Recyclingkreisläufe zu schließen. In diesem Projekt werden Stahlwerkstäube aus der in der Steiermark ansässigen Stahlindustrie charakterisiert, um sie mittels eines hydrometallurgischen Verfahrens aufbereiten und die Wertmetalle zurückführen zu können.
Bisherige Verwertungsverfahren zielen hauptsächlich auf die Rückgewinnung von Zink ab und
vernachlässigen alle sonstigen Wertmetalle. Im Projekt wird ein hydrometallurgisches Recyclingverfahren für Stahlwerkstäube konzeptioniert. Dabei erfolgt die Beachtung folgender
Nachhaltigkeitsaspekte: Schonung von Primärressourcen, geringerer Energieeinsatz, weniger
Emissionen und Vermeidung von Deponierung im Vergleich zu etablierten Verfahren.
INNOMET
Innovative Behandlung von metallurgischen Stäuben und Schlacken mittels Laugung und Abscheidung zur Rückgewinnung metallischer Sekundärrohstoffe
Projektpartner:
K1-MET GmbH
Montanuniversität Leoben
- Lehrstuhl für Eisen- und Stahlmetallurgie
- Lehrstuhl für Verfahrenstechnik des Industriellen Umweltschutzes
Kooperationspartner aus der Wirtschaft:
- voestalpine Stahl Donawitz GmbH (Leoben)
- voestalpine High Performance Metals GmbH
Projektleitung:
DI Marianne Haberbauer (K1-MET)
DI Johannes Rieger (K1-MET)
INNOMET zielt auf die optimierte Metallrückgewinnung aus metallurgischen Reststoffen wie Schlacke und Stäuben ab. Erprobt werden kombinierte Behandlung aus biologischem Laugen (Bioleaching) mittels Mikroorganismen und nachgeschaltete Metallrückgewinnung (bioelektrochemische Abscheidung, fraktionierte Fällung) sowie alternative Laugungsverfahren durch niederschmelzende eutektische Lösungsmittel. Der innovative Aspekt liegt in der Rückführung eisenmetallreicher Fraktionen durch energiesparende Methoden in den metallurgischen Gewinnungsbereich bei gleichzeitiger Ausbringung stahlschädlicher Elemente als wertvolle Koppelprodukte (z.B. Phosphate für Dünger- oder Batterieanwendungen). Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz kennzeichnen das Projekt INNOMET und haben bereits großen Stellenwert in den Forschungsarbeiten der Projektpartner. Nutzen für die steirische Wirtschaft wird generiert durch Einsparung primärer Erzrohstoffe oder Legierungsmittel.
InSpecScrab
Intelligente Multispektrale Charakterisierung zur Materialanalyse auf Schrottplätzen
Projektpartner:
JOANNEUM RESEARCH Forschungsgesellschaft mbH
Technische Universität Graz
- Institut für Maschinelles Sehen und Darstellen
K1-MET GmbH
Know-Center GmbH Research Center for Data-Driven Business & Big Data Analytics
Kooperationspartner aus der Wirtschaft:
- voestalpine Stahl Donawitz GmbH
- Stahl- und Walzwerk Marienhütte GmbH
Projektleitung:
DI Dr. Harald Ganster (JR)
DI Dr. Martina Uray (JR)
In der Stahlproduktion wird Stahlschrott als wichtiger Sekundärrohstoff benötigt. Die Verwendung von Schrott als Rohstoff bedeutet eine Ressourcenschonung, aber auch eine Reduktion der CO2-Emissionen. Stahl aus der Schrottproduktion ist bis zu 75 % weniger CO2-intensiv als Stahl aus primären Rohstoffen.
Bei der zunehmend vermehrten Schrottverwendung ist eine genaue Kenntnis der Schrottqualität essentiell. Dies wird in InScpecScrap adressiert durch eine innovative Materialcharakterisierung mittels digitaler KI-basierter Verfahren zur spektroskopischen Erkennung von Störstoffen und Schrottqualität, sowie einer Optimierung der Schrottzusammensetzung hinsichtlich Vorgaben zur geforderten Stahlgüte. Anhand von zwei industriellen Case Studies mit entsprechendem Probenmaterial erfolgt die Validierung der entwickelten Projektergebnisse.
Ni2Steel
Entwicklung von experimentellen Verfahren und mathematischen Modellen als Entwicklungs-basis eines kontrollierten und umweltfreundlichen Aufbereitungsprozesses für NiMH-Batterien
Projektpartner:
Montanuniversität Leoben
Technische Universität Graz
Kooperationspartner aus der Wirtschaft:
- Saubermacher Dienstleistungs AG
Projektleitung:
DI Michael Hohenberger (MUL)
Assoz.Prof. DI Dr. Stefan Radl (TUG)
Das Recycling von Nickel-Metallhydrid-Batterien stellt in der Praxis aufgrund prozesstechnischer Schwierigkeiten in Hinblick auf Sicherheit und Umweltfreundlichkeit eine große Herausforderung dar. Ein wesentliches Problem dabei ist u.a. die Erwärmung der Materialien während und nach dem Aufbereitungsverfahren durch chemische Reaktionen. Im Projekt „Ni2Steel“ sollen erstmals die Grundlagen zur experimentellen und mathematischen Beschreibung des Partikel- und Wärmetransportes in NiMH-Batterieschüttgütern erarbeitet werden. Die Schaffung dieser Daten- und Modellbasis ermöglicht die systematische Entwicklung des Aufbereitungsprozesses hin zu einem einzigartigen Batterie-Metallrückgewinnungsverfahren mit höchsten Outputraten bei kontrollierter und umweltfreundlicher Betriebsweise.
ScaleFiciency
Schrittweises Upscaling eines induktiv-beheizten Schüttschichtreaktors zu einem Zwei -Spulendesign zur effizienten pyrometallurgischen Rückgewinnung von Wertmetallen aus Lithium-Ionen-Batterien
Projektpartner:
Montanuniversität Leoben
- Lehrstuhl für Thermoprozesstechnik
K1-MET GmbH
Kooperationspartner aus der Wirtschaft:
- Ingenieurbüro Dipl.-Ing. Harald Noack, Leoben
Projektleitung:
DIin Alexandra Holzer (MUL)
DI Lukas Wiszniewski (MUL)
Um den Klimawandel einzudämmen, ist eine Transformation zu Energieerzeugung durch Wind- und Sonnenenergie sowie Elektromobilität unabdingbar. Dadurch steigt der Bedarf an mobilen und stationären Speichersystemen fortwährend. Die Anwendung von Lithium-Ionen-Batterien bedingt auch eine Zunahme beim Abfallstrom verbrauchter Batterien. Durch die lokale Rohstoffknappheit der eingesetzten Elemente ist die Forcierung von Recyclingmaßnahmen unabdingbar.
ScaleFiciency konzentriert sich auf verfahrenstechnische Herausforderungen in Richtung des “Zero-Waste“-Ansatzes und ermöglicht dadurch das Upscaling eines nachgewiesenen Recyclingkonzepts. Vielmehr wird die CO2-arme Induktionserwärmung auf das nächste Level eines Mehrspulendesigns gehoben, sodass ein kontinuierlicher Betrieb gelingt. Bei ScaleFiciency wird geballtes steirisches Know-How eingesetzt und zielgerecht mit zukunftsweisenden Lösungen erweitert.
FlexCheck
Entwicklung eines Leitfadens zur systematischen Identifizierung & Bewertung von Flexibilitätspotentialen in der Industrie
Projektpartner:
Montanuniversität Leoben
BEST – Bioenergy and Sustainable Technologies GmbH
Projektleitung:
Univ- Prof. DI Dr. Thomas Kienberger (MUL)
DIin Sandra Staudt (BEST)
Flexible Verbraucher schaffen die Möglichkeit, das elektrische Versorgungsnetz zu entlasten, indem sie auf die Erzeugung abgestimmt betrieben werden. Die Identifizierung solcher Verbraucher, oder Flexibilitätspotentiale, ist aufgrund der Diversität und Komplexität von industriellen Prozessen jedoch sehr aufwendig und zeitintensiv. Jede Anlagen- und Prozesssituation wird aktuell einzeln betrachtet. Um Flexibilitätspotentiale zukünftig rasch ermitteln zu können, wird im Rahmen des Projektes „FlexCheck“ eine allgemein gültige und strukturierte Methodik zur Identifizierung, technischen Beschreibung und techno-ökonomischen Bewertung von elektrischen, thermischen und stofflichen Flexibilitätspotentialen in der Industrie entwickelt. Die gewonnenen Erkenntnisse werden in einem Leitfaden zusammengefasst, um die Anwendung der entwickelten Methodik im Sektor Industrie anzustoßen.
Recover-Met-Binder (RMB)
Wertmetallrückgewinnung und Bindemittelbereitstellung aus der Elektroofenroute als Beitrag zur sektorübergreifenden Kreislaufwirtschaft
Projektpartner:
Montanuniversität Leoben
- Lehrstuhl für Thermoprozesstechnik
Technischen Universität Graz
- Institut für Maschinelles Sehen und Darstellen
Kooperationspartner aus der Wirtschaft:
- Stahl- und Walzwerk Marienhütte GmbH (Einsatzmaterial, …)
- voestalpine Stahl Donawitz GmbH (Korrekturstoffe, Metallanalysen,..)
- Saubermacher Dienstleistungs AG (Korrektur- und Ergänzungsstoffe)
- Bauunternehmung Granit GmbH (Korrektur- und Ergänzungsstoffe)
Projektleitung:
DI Dr. Klaus Doschek-Held (MUL)
DI Dr. Joachim Juhart (TUG)
Auf dem Weg zur ressourcenschonenden und effizienten Kreislaufwirtschaft spielen die CO2- und energieintensive Eisen- und Stahl- sowie die Baustoffindustrie eine zentrale Rolle. Die sektorübergreifende Verwertung von Schlacken in gezielter Kombination mit weiteren sekundären Rohstoffen zur Rückgewinnung der Wertmetalle sowie zur Entwicklung CO2-armer Bindemittelkomponenten leistet einen wesentlichen Beitrag zur Dekarbonisierung und Klimaneutralität.
Das vorliegende Projekt hat zum Ziel, Schlacken aus der Stahlproduktion mittels Elektrolichtbogenofen durch geeignete Behandlungsschritte zum einen als metallischen Sekundärrohstoff und zum anderen als mineralischen Zementzusatzstoff verwertbar zu machen. Dazu werden die notwendigen verfahrenstechnischen und metallurgischen Grundlagen, die Rückgewinnungsraten der Metalle und die gezielte „Aktivierung“ des mineralischen Anteils erforscht.
SolSorpDry
Entwicklung einer mobilen und fossilfreien Sorptionstrocknungsanlage
Projektpartner:
AEE – Instutut für Nachhaltige Technologien
BEST – Bioenergy and Sustainable Technologies GmbH
Kooperationspartner aus der Wirtschaft:
- Agrant GmbH
- Milteco GmbH
Projektleitung:
Dr.in Jana Fuchsberger, MSc. BSc.(AEE-INTEC)
DI.in Sandra Staudt (BEST)
Im Projekt SolSorpDry wird eine mobile Trocknungsanlage mit 100% erneuerbarer Energieversorgung aus optimierter Kombination eines Sorptionsspeichersystems als offene Gegenstrom-Bewegtbettanlage mit Solarthermie, Wärmerückgewinnung und Photovoltaik in Abstimmung auf den Trocknungsbedarf unterschiedlichster Trocknungsgüter aus dem landwirtschaftlichen Bereich (Gemüse, Obst, Kräuter, Gewürze oder Knoblauch) entwickelt und im Labormaßstab validiert. Durch (i) die modellbasierte Auslegung des Gesamtsystems, (ii) die neuartige Entwicklung des Sorptionsspeichers und Nutzung der bei Feuchtigkeitsaufnahme freigesetzter Wärme sowie (iii) die Entwicklung eines intelligenten Regelungskonzeptes wird der hohe Bedarf steirischer Anwender*innen adressiert. Die steirischen Kernpartner Agrant GmbH und Land Steiermark unterstützen das Projekt und stellen eine hohe Anwendernähe sicher, um Skalier- und Multiplizierbarkeit zu gewährleisten.
PV DiKlaWi
PV Diagnose, Klassifikation und Wiederverwertung
Projektpartner: FH JOANNEUM GmbH
- Institut für Energie-, Verkehrs- und Umweltmanagement
Technische Universität Graz
Kooperationspartner aus der Wirtschaft:
- 7: DiLT (Schnittstelle zu Messinfrastruktur und Drohne, sowie zu IoT Systemene),
- WEB Windenergie
- Energieagentur Obersteiermark
- GEM Solutions
- AgroPower
- Energie Graz (PV Anlagenbetreiber)
- AIRLabs Austria
Projektleitung:
FH-Prof. DI Dr. Christof Sumereder (FHJ)
Dr.in Fogh-lis Mina Basirat (TUG)
Die Inspektion von PV-Systemen mit Infrarotkameras zur Heißstellendetektion ist Stand der Technik, jedoch von Umgebungsparametern beeinflusst, wodurch es zu Fehlinterpretationen kommt. Die Elektrolumineszenz ist eine innovative und wesentlich aussagekräftigere Methode, die es durch Bestromung ermöglicht, Fehlerstellen (Risse, Brüche, Delaminationen) bis in der Zellenebene zu detektieren. Es wird ein System entwickelt, das basierend auf der Elektrolumineszenzmessung in Kombination mit Domain-Informed AI Algorithmen zuverlässig den Zustand von Modulen diagnostiziert. Diese Diagnosemethode wird im Labor entwickelt und anhand realer PV-Anlagen evaluiert. Ausschließlich fehlerhafte PV-Module sollen der Wiederverwertung der Kreislaufwirtschaft zugeführt, degradierte sollen einer zweiten Verwendungsphase im Rahmen von Sozialprojekten zugänglich gemacht werden.
DISTEL
District Storage Intelligence
Projektpartner:
BEST – Bioenergy and Sustainable Technologies GmbH
Technischen Universität Graz
- Institut für Softwaretechnologie
Kooperationspartner aus der Wirtschaft:
- DiLT Analytics
- SOLID Solar Energy Systems
- Energie Steiermark AG
- Schneid GesmbH
Projektleitung:
DI Dr. Markus Gölles (BEST)
Dr.in Fogh-lis Mina Basirat (TUG)
Energiespeicher sind von zentraler Bedeutung um erneuerbare Energie in Zukunft zuverlässig bereitstellen zu können. Dazu muss die Fragestellung beantwortet werden, wie diese Speicher optimal genutzt werden. In Energiesystemen von Quartieren oder Stadtteilen befinden sich allerdings eine Vielzahl dieser Speicher mit unterschiedlicher Größe (Kurzzeit- und Langzeitspeicher), wodurch die Beantwortung dieser Fragestellung eine hochkomplexe Aufgabe darstellt. Das Projekt DISTEL hat zum Ziel, Algorithmen zu entwickeln, die solche Energiesysteme immer optimal, mit maximalem Wirkungsgrad und minimalen Schadstoffemissionen, betreiben. Um die hohe Komplexität dieser Aufgabenstellung zu bewältigen, sollen in DISTEL klassische und etablierte Methoden mit fortschrittlichen Methoden der künstlichen Intelligenz kombiniert werden.