Pressegespräch zum ASMET Forum 2018:

 Digitalisierung in der metallerzeugenden
und metallverarbeitenden Industrie

Gesprächspartner:

DI Franz Rotter,
Präsident ASMET,
Mitglied des Vorstands der voestalpine AG und Leiter der High Performance Metals Division

Georg Knill
Präsident der Industriellenvereinigung Steiermark

Leoben, 17.05.2018

 

 

 

 

 

ASMET Forum 2018

Alljährlich treffen sich über 300 Geschäftsführer, Führungskräfte aus Produktion, Forschung- und Entwicklung, Vertrieb, Personal- und Betriebswirtschaftsabteilungen der Mitgliedsfirmen sowie Studierende beim ASMET Forum an der Montanuniversität Leoben. ASMET – The Austrian Society for Metallurgy and Materials – befasst sich mit Metallurgie und Werkstofftechnik. Die Organisation versteht sich in diesen Bereichen als Plattform für den Informations- und Wissensaustausch. International tätige Technologiekonzerne sind Mitglieder der ASMET, unter anderem die voestalpine AG, AMAG, Inteco, Primetals, Plansee sowie die RHI Magnesita.

Das Treffen 2018 steht unter dem Motto „Digitalisierung in der metallerzeugenden und metallverarbeitenden Industrie“. Vorträge der Mitgliedsfirmen etwa von Andritz, Inteco sowie Forschungseinrichtungen wie der RWTH Aachen beschäftigen sich mit den Veränderungen, die die fortschreitende Digitalisierung in allen Bereichen des (Arbeits-)Lebens mit sich bringt.

Wo stehen die Organisationen und Unternehmen wenn es um Digitale Prozesse, neue Geschäftsmodelle,
Sicherheit von Daten etc. geht? Wie wird die digitale Transformation gemanaged und welche Auswirkungen sind bereits sichtbar oder zu erwarten?

Die Vorträge des ASMET Forums 2018 werden ein anschauliches Bild internationaler und nationaler Trends ausgelöst durch die Digitalisierung und der Zukunft ausgewählter ASMET Mitgliedsfirmen zeichnen. Sie sollen Inspiration für das eigene Handeln bieten und ermutigen, die sich bietenden Chancen der Digitalisierung zu ergreifen.

Digitalisierung als conditio sine qua non für Attraktivität des Standorts Österreich

Franz Rotter, ASMET-Präsident und Leiter der voestalpine High Performance Metals Division der voestalpine AG, sieht in der Digitalisierung die Chance, die gute
Position der österreichischen Industrie weiter zu verbessern. Die erfolgreiche Implementierung digitaler Abläufe und Prozesse sichert dieWettbewerbsfähigkeit österreichischer Betriebe ab.

„Wir gehen davon aus, dass sich die Geschäftslogik der metallerzeugenden und metallverarbeitenden Industrie durch die Digitalisierung und neue Technologien in den nächsten zehn Jahren massiv verändern wird. Dies ist eine große Herausforderung, weil unsere Investitionszyklen viel länger sind als etwa jene der Elektronikindustrie.“ „Mithilfe der Digitalisierung ist es möglich durch neue Technologien, Innovationen und Produkte eine bessere Position zu erreichen. Um diese Herausforderung zu meistern bedarf es neben der Wahrnehmungsfähigkeit auch die Wahrnehmungsbereitschaft aller Mitarbeiter im Unternehmen. Wenn die Ressourcen auf die gesamte Prozesskette fokussiert werden, haben wir mittel- und langfristig das Potential uns in der europäischen wertschöpfenden Industrie und auch in der globalen Umwelt zu behaupten.“

 

Mensch im Mittelpunkt des digitalen Wandels

Das historische Wissen der Mitarbeiter in Unternehmen bildet das Fundament für digitale Transformation. Die Integration aller Mitarbeiter in diesen Kulturwandel ist daher entscheidend für eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung. Wichtig dabei sind das gemeinsame Verständnis der Ziele vom Top-Management bis zum Blue-Collar-Worker, das Aufzeigen von Chancen, aber auch die Ängste einzelner ernst zu nehmen.

Qualifikationsanforderungen für künftige Kernkompetenzen

Für eine erfolgreiche unternehmensinterne Implementierung von Digitalisierung spielen Qualifikationen und damit Aus- und Weiterbildung eine zentrale Rolle. Die Entwicklung, Umsetzung und Kontrolle datengetriebener Prozesse und Geschäftsmodelle unter Einbeziehung von Informations-, Kommunikations- und digitalen Technologien verlangt nach neuen bzw. sich wandelnden Lehr- und Lernmodellen, Kompetenzen und/oder Berufsfeldern. Damit stehen die vorliegenden Aus- und Weiterbildungsangebote der unterschiedlichen Stufen (berufliche Aus- und Weiterbildung, schulische Ausbildung, akademische Aus- und Weiterbildung) auf dem Prüfstand. Es ist daher unumgänglich, sich vorausschauend mit der Bandbreite an möglichen Auswirkungen, Chancen und Risiken, sowie sich abzeichnender Herausforderungen im Bildungsbereich auseinanderzusetzen, um Umsetzungspotentiale und daraus mögliche Gestaltungsoptionen für die weitere Entwicklung von Qualifizierungsangeboten zu erkennen. Die Vernetzung und zunehmende Automatisierung und Digitalisierung industrieller Prozesse sowie die Änderung der damit verbundenen Geschäftsprozesse lässt auch eine Veränderung der Qualifikationsnachfrage seitens der Industrie erwarten.
Das Projektteam der ASMET untersucht zur Zeit die Industrie 4.0 relevanten Qualifikationsanforderungen, um daraus zukünftig benötigte Kernkompetenzen abzuleiten. Daraus werden bis Jahresende Vorschläge für Verbesserungen der bestehenden Industrie 4.0 Ausbildungsprogramme erstellt.

Aufgabe der Politik

Damit Österreich als attraktiver Standort für Investitionen interessant bleibt, muss die Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel bessere Infrastruktur (Breitbandnetzausbau), Förderung von Aus- und Weiterbildung, gezielte Forschungs- und Investitionsförderungen, etc. für Digitalisierung auch in der Produktion schaffen. Investitionen stärken das Wirtschaftswachstum und an den Beispielen der ASMET Mitgliedsfirmen ist der Wille, Investitionen zu tätigen, klar erkennbar. Sie sichern Arbeitsplätze, begünstigen den technologischen Fortschritt, kurbeln Forschung und Entwicklungs-Tätigkeiten an und schaffen schließlich Wohlstand und Stabilität.

Digital ist normal – die
Chancen zu nutzen auch

„Digitalisierung hat längst über die Produktionsstätten hinaus alle Lebensbereiche erreicht und die Aussage ‚Digital ist normal‘ trifft voll und ganz zu“, betont Georg Knill, Präsident der IV-Steiermark. Knill führt aus, dass es aktuell primär um positive Bewusstseinsbildung in der breiten Bevölkerung geht. Vor Veränderungen gibt es oftmals Skepsis – gerade mit Blick auf die Arbeitswelt werden auch Unsicherheiten geschürt. „Jobprofile und Tätigkeiten werden sich verändern, neue hinzukommen, andere obsolet werden. Unser Ziel ist es, die Chancen des aktuellen technologischen Wandels zu nutzen und so die Steiermark und die Menschen, die hier leben, zu Gewinnern der Digitalisierung zu machen. Dafür müssen wir den Wandel aktiv gestalten und dürfen ihn nicht einfach abwarten.“, stellt Knill klar. Um als Standort Digitalisierung vorantreiben zu können und sogar mit zu entwickeln, sind verfügbare Fachkräfte essentiell. Eine an den aktuellen Anforderungen der Industrie und der Wirtschaft ausgerichtete Qualifikation gewinnt ungebrochen an Bedeutung. Standortpolitik wird vermehrt zur Bildungspolitik. Die IV-Steiermark sieht bildungs- und arbeitsmarktpolitisch Entscheidungsträger gefordert, Qualifizierungsmaßnahmen möglichst arbeitsplatznahe zu gestalten und die Frage der Orientierung junger Menschen für Bildung und Beruf an deren Talenten und an der Nachfrage regionaler Unternehmen auszurichten. Qualifikation, Aus- und Weiterbildung sind zu den zentralen Standortfaktoren für die Steiermark geworden.

Dass die Nachfrage nach hochqualifizierten Fachkräften in der Industrie ungebrochen ist und wohl auch bleiben wird, zeigen aktuelle Arbeitsmarktdaten und Beschäftigungsprognosen. Laut der jüngsten Konjunkturumfrage der IV-Steiermark planen derzeit 42 Prozent der steirischen Industriebetriebe ihr bereits hohes Beschäftigungsniveau weiter auszubauen.

Auch Detailanalysen des Joanneum Research dokumentieren, dass der digitale Wandel und die steigende Nachfrage nach qualifiziertem Personal Hand in Hand gehen: In den letzten fünf Jahren bauten Betriebe im Hochtechnologiebereich ihre Beschäftigtenzahl um durchschnittlich +4,4 Prozent pro Jahr auf. „Der Personalaufbau im Hochtechnologiesegment ist der Beleg dafür, dass Digitalisierung und steigende Beschäftigung kein Widerspruch sind.“, betont Knill. Personalabbau fand hingegen primär im Niedrigtechnologiesegment statt. Um diesen Bedarf auch weiterhin decken zu können, braucht es in erster Linie attraktive und an den derzeitigen und zukünftigen Technologien ausgerichtete Bildungsangebote. Diese liegen vor allem im naturwissenschaftlichen und technischen Bereich, beispielsweise in der Simulation, Sensorik, Automatisierungstechnik, Mechatronik, Elektrotechnik, Predictive Analytics oder der Materialtechnologie.

Industrie-Investitionen auf
Rekordhoch

Das Vertrauen der steirischen Industrie in eine gute Zukunft am Standort Steiermark, wie auch der positive Zugang zur Digitalisierung sind im Investitionsverhalten der Betriebe dokumentiert. Mit 3,2 Milliarden Euro kletterten die Brutto-Anlageinvestitionen der steirischen Industrie im Vorjahr auf ein Rekordhoch.

Es waren auch die Betriebe des produzierenden Bereichs, die in den Krisenjahren 2009ff. antizyklisch in Forschung- und Entwicklung sowie in entsprechende Personalressourcen investierten.

„Die Fragen nach den Auswirkungen von technologischen Innovationen auf den Arbeitsmarkt ist so alt wie die Industrie selbst. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass trotz aller Sorgen Österreich und Europa auf Sicht stets gesamtwirtschaftlich profitiert haben. Es liegt an uns, durch kluges Vorgehen und eine strategische Wirtschafts- und Bildungspolitik auch den Wandel der Digitalisierung zu unserem Vorteil zu nutzen. Als IV-Steiermark möchten wir dazu beitragen, die besten Voraussetzung dafür schaffen, gestärkt aus dem Wandel hervorgehen“, schließt Knill.

Die Digitale Transformation
anhand von Beispielen

Den Begriff der Digitalisierung muss jedes Unternehmen und jede Organsiation für sich selbst interpretieren und auch individuell festlegen. Die einzelnen Plenarvorträge geben hierzu einen Überblick und verschiedene Zugänge und Entwicklungen.

In seinem Eröffnungsvortrag skizziert Nader Asnafi, Professor an der Örebro Universität den Stellenwert der Digitialisierung in der Schwedischen Industrie und die damit verbundenen laufenden Aktivitäten, auch im Hinblick auf Smart industry.

Die Vision des “Internet of Production” spielt in der Forschung der RWTH Aachen eine wichtige Rolle. Erklärt werden aktuelle Trends, ausgewählte Praxibeispiele aus dem Bereich der Metallverarbeitung bis hin zur Bedeutung des Exzellenzclusters, der das Know-how von mehr als 30 Forschungseinrichtungen bündelt.

Die Plattform Industrie 4.0 beschäftigt sich mit den Bereichen Forschung, Technologie und Innovation sowie Qualifikation und Kompetenzen. Sie zeigt neben aktuellen Aktivitäten, wo Österreich im internationalen Vergleich steht und beleuchtet Herausforderungen und Risiken der Digitalisierung.

Die Herausforderungen der digialen Transformationen sind ebenso Thema bei INTECO. Hier steht die Entwicklung und Implementierung von Softwaresystemen zur Effizienzsteigerung aus der Sicht eines Anlagen- und Technologieunternehmens im Mittelpunkt.

Bereits vor 10 Jahren begann ANDRITZ im Bereich der Papierproduktion mit der Anwendung von Lösungen für Big Data-basiserte Prozessoptimierungen . Daraus entstand das Markendach „ANDRITZ Metris“, unter dem heute eine Vielzahl von Tools zur Produktivitätssteigerung im zweistelligen Prozentbereich für sämtliche Geschäftsbereiche verbunden sind.

Dass die Digitalisierung ein fester Bestandteil der Konzernstrategie dies voestalpine-Konzerns ist, zeigen insgesamt drei Vertreter. Die Steel Division der voestalpine versteht die Digitalisierung als ganzheitlichen Ansatz und stützt sich auf verschiedene Kernelemente – von der Interaktion mit Kunden und Lieferanten bis hin zur eignenen Organisation.

In der Metal Engineering Division der voestalpine weiß man: Auf die richtigen Daten kommt es an! Verbunden mit dem intelligenten Einsatz von Sensorik wird mit „Smart4Steel“ die Produkt- und Prozessoptimierung durch Digitalisierungsmaßnahmen im Stranggussprozess vorangetrieben.

Der Einfluss der Digitialisierung auf die Entwicklung von Geschäftslogiken ist das Thema von ASMET-Präsident und Vorstand des voestalpine-Konzerns, Franz Rotter. Er berichtet über das Zusammenwirken von Digitalisierungen und Lösungsbeispiele für die Digitale Transformation aus Sicht der High Performance Metals Division

Auch im Vortrag der Primetals Technologies Austria geht es um Chancennutzung in der Stahlindustrie. Durch die Anwendung von Through-Process-Optimization gelingt es, eine intelligente Vernetzung der gesamten Produktionsroute zu erzielen und die Effizienz sowie Qualität bei der Herstellung hoch qualitativer Stahlprodukte zu optimieren.

Wie man aus Kunden- und Nutzererlebnissen Wert schöpft zeigt der Einsatz von Datenbrillen. Tagliche Arbeiten können so durch die Komibiation von IoT und Augemented Reality effizient und erfolgreich gemeistert werden. Dass solche Erlebnisse kein Zufallsprodukt, sondern eine Frage der Innovationsfähigkeit eines Unternehmens sind, darüber spricht Benjamin Mensorno von Zühlke Engineering (Austria).

Die ASMET – Austrian Society for Metallurgy and Materials

Die ASMET umfasst ca. 1.000 persönliche Mitglieder und ca. 100 Firmenmitglieder mit rund 70.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Österreich und 270.000 weltweit. Insgesamt erwirtschaften die ASMET-Mitgliedsbetriebe einen jährlichen Gesamtumsatz von rund 50 Mrd. Euro, mit einer Exportquote von rund 90 Prozent. Mehr als 1.000 Forscherinnen und Forscher arbeiten in ASMET-Mitgliedbetrieben an innovativen Zukunftstechnologien der Werkstoffindustrie.

 

Rückfragehinweis:

  • DI Dr. Bruno Hribernik
    Geschäftsführer ASMET (The Austrian Society for Metallurgy and Materials)
    +43 (0) 664 110 10 10
    bruno.hribernik@asmet.at