2017 will die Industrie deutlich mehr in Kapazitäten investieren, doch fordert sie von der Regierung Tempo. Um den Standort Österreich attraktiver zu machen, hat die Politik ihre Hausaufgaben nicht erfüllt.

Von Hannes Gaisch-Faustmann | 05.30 Uhr, 12. Mai 2017

Am Konjunkturhimmel scheint die Sonne. Die EU-Frühjahrsprognose sagt für Österreich ein Wachstum für 2017 und 2018 von je

Voestalpine-Vorstand Franz Rotter © Voestalpine

Voestalpine-Vorstand Franz Rotter © Voestalpine

1,7 Prozent voraus. Ein kleines Plus gegenüber dem Winter.
Doch täuscht diese Tatsache nicht darüber hinweg, dass die Industrie – immer noch – „planbare Rahmen- und Standortbedingungen“ von der Bundesregierung einfordern muss, wie es Franz Rotter, Vorstandsmitglied der Voestalpine, und Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung Steiermark, gestern in Leoben taten. Erst recht nach dem politischen Beben am Mittwoch. „Wir brauchen auf Regierungsebene eine Konstellation, die in der Lage ist, etwas umzusetzen und nicht nur anzudenken“, sagte Rotter. Die aktuelle Regierung tue das zu wenig. Die Forderung nach Stabilität und Planbarkeit illustriert Knill mit diesem Beispiel: „In den vergangenen 16 Jahren wurde die Steuergesetzgebung in Österreich 422 Mal geändert, im Schnitt also fast alle zwei Wochen.“ Derartiges schreckt Investoren ab.

“Enorme Investitionen”

Das internationale Forum der ASMET (österreichische Gesellschaft für Metallurgie) an der Montanuni stand im Zeichen der Großinvestitionen im Bereich Stahl und Metall. Die Firmen repräsentierten allein in Österreich 70.000 Mitarbeiter. Die Industriebosse nützten den Anlass, der Politik Dampf zu machen. Für „große strategische Investitionsprojekte“ brauche es Fortschritte. Die Regierung müsse Infrastruktur und Fördermittel für Grundlagen- und Anwendungsforschung „in internationaler Größenordnung“ zur Verfügung stellen sowie die Steuer- und Abgabenlast senken. Offene regulatorische Fragen seien etwa in der Umwelttechnologie und der Energiepolitik zu lösen. Bei der E-Mobilität gehe es um Versorgungssicherheit. Und beim Themenkomplex Digitalisierung und Industrie 4.0 um „enorme Investitionen“ (unter anderem) in die Ausbildung. Positiv streicht Rotter andererseits die Erhöhung der Forschungsprämie auf 14 Prozent hervor.

Kapazitäten werden kräftig ausgeweitet

Aus konjunktureller Sicht erwartet Knill 2017 deutlich mehr Investitionen. 2016 nahm die steirische Industrie 2,86 Milliarden in die Hand, davon flossen aber nur 16 Prozent in Kapazitätsausweitungen. Schon heuer sollte dieser Anteil steigen. In Kapfenberg erwägt die Voestalpine, wie mehrfach berichtet, den Bau eines neuen Edelstahlwerks um 270 Millionen Euro. Die Entscheidung, ob es tatsächlich gebaut wird, fällt im September. Genehmigt sind Hightechprojekte im Bereich der Luftfahrt bei den Voest-Töchtern Böhler Edelstahl, Böhler Bleche und Böhler Schmiedetechnik im Umfang von 85 Millionen. „Es ist ein klarer Wille da“, sagt Rotter der Regierung.

Quelle: Kleine Zeitung